"Der Traum ist alles, Technik nichts." - Diesem Ausspruch von Jean Tinguely stimme ich absolut zu. Und dennoch gehe ich diesmal den Weg andersherum: Ausgehend von einer Technik - dem Drucken - soll ein Thema gefunden werden, so dass zwischen Thema und Technik eine sinn- und wesenhafte Verbindung bestehen soll.

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Tapeten regen zu Ideen an

Hier finden sich Bilder und die Beschreibung des Unterrichts!

– Überlegungen zum Thema und zum Unterricht.

Hier finden sich Bilder und die Beschreibung des Unterrichts!

Was sind die typischen Eigenschaften des Druckens? Was unterscheidet es von anderen Verfahren? Warum soll man etwas drucken, und nicht malen? Eine wesentliche Besonderheit des Druckens ist die Wiederholbarkeit und Vervielfältigung. Wo wird vielfache Wiederholung angewendet? Zum Beispiel bei Mustern. Wo treten Muster auf? Zum Beispiel auf Stoffen und auf Tapeten.

Spielen Tapeten im Leben von Kindern eine Rolle? Hat es Sinn, sie zu thematisieren und zu gestalten? Ich denke ja. Tapeten gibt es in jeder Wohnung, und in letzter Zeit zunehmend wieder mehr Mustertapeten neben dezenteren Strukturtapeten und der schlichten Rauhfaser. So auch in meiner eigenen Wohnung, in der eine kürzlich neben dem Bett angebrachte Flower-Power-Tapete mich erfreut und mir wieder ins Bewusstsein gebracht hat, dass Tapeten für mich schon immer eine meditative Qualität hatten. Entspannt und absichtslos können Augen und Gedanken auf der Tapete spazieren gehen, ihren Mustern folgen, Rapporte erkennen, Gegenständliches in abstrakte Muster und Strukturen hineinfantasieren.

Zuallererst aber sind Tapeten eine Möglichkeit, die Wohnung nach eigenen Vorstellungen, dem eigenen Geschmack und entsprechend der eigenen Persönlichkeit einzurichten. Und doch sind dieser Individualität Grenzen gesetzt, nämlich die des kommerziellen Angebots an industriell hergestellten Tapetengestaltungen und vorgefertigten Wohnbestimmungen. Warum nicht von diesen Vorgaben unabhängig werden und wirklich eigene Ideen und Vorstellungen auf Tapeten verwirklichen?

Dies wiederum erinnert daran, dass Kinder ganz von selbst dazu neigen, Tapeten für eigene Gestaltungen zu nutzen - und das meistens nicht zur allgemeinen Freude. Oft hat es schon Ärger gegeben, wenn Kinder unerlaubterweise auf der Tapete herumgekritzelt und gemalt haben. Nun soll dieser offenbar natürliche Tapetengestaltungsdrang also legalisiert werden - im Kunstunterricht.

Und zwar mit der tapetentypischen und mustergültigen Technik des Druckens.

Der Gedanke war, zunächst mit Tapetenmusterbüchern zu arbeiten, die vielfältige Tapetenmuster bieten. Hier kann sich die Fantasie aufbauen und austoben, man kann Ideen und Muster erproben und auswählen. Ideal wäre es, wenn dann jedes Kind eine Rolle seiner ausgewählten Tapete bekommen könnte und diese mit dem eigenen Muster bedrucken und zuhause an die Kinderzimmerwand kleben könnte. Leider war dies aber nicht realisierbar. So blieb es bei der Arbeit mit den Musterstücken.

Und auch hier kam es anders als gedacht: Mir schwebte vor, besonders die aktuellen grafischen Seventies-Revival-Tapeten zu verwenden, da diese zwar mit Farbe und Muster arbeiten, jedoch durch ihre Ungegenständlichkeit zu unterschiedlichen Interpretationen und entsprechenden gestalterischen Reaktionen ermöglichen. Jedoch gaben die Musterbücher, die der Tapetenhandel uns freundlicherweise zur Verfügung stellte, von dieser Art Muster nicht so viel her wie erhofft. Florale Muster schieden wegen ihrer relativ geringen thematischen Offenheit weitgehend aus. Es blieben sehr viele Strukturtapeten. Erstaunlicherweise holten die Kinder aus diesen jedoch jede Menge Ideen heraus.

Hier geht es wieder zur Darstellung des Unterrichts.

© Unterrichtsidee: Nicola Rother 2012