Besuch im Museum
Die Ausstellung "Kassandrarufe und Schwanengesänge" auf Schloss Cappenberg im Frühjahr 2001 zeigt überwiegend gegenständliche Malerei der ausgehenden DDR. Ohne politische Bezüge und Hintergründe zu kennen, begegnen die Kinder des dritten Schuljahrs den Bildern unmittelbar.
Aus verschiedenen Bildern habe ich Gegenstände isoliert, die zur Brücke zum Einstieg ins Bild werden: Sonnenbrille, Gipsbinde, Schirmchen, Zeitung, Schießscheibe. Jedes Kind erhält einen Gegenstand und macht sich auf die Suche, diesen in einem Bild der Ausstellung wiederzufinden.
Schießscheibe
Hans Ticha: Die Mauer. 1980
Den Umgang mit dem Arbeitsblatt haben wir zu Beginn des Museumsbesuchs gemeinsam an diesem Bild geübt.
Wenn alle Kinder ihre Bilder gefunden haben, beschäftigen sie sich intensiv damit und bereiten sich darauf vor, ihr Bild der Gruppe vorzustellen. Als Anregung dafür, was sie den anderen über ihr Bild erzählen können, nutzen sie ein Arbeitsblatt, das sie auch bei der Vorstellung als Spickzettel unterstützt.
Uwe Pfeifer: Feierabend 1977
zerknüllte Zeitung
Sind alle Kinder mit ihrer Vorbereitung fertig, beginnt die "Museumsführung" mit ständig wechselnden "Führern", die ihre Bilder der "Besuchergruppe" präsentieren.
Eisschirmchen
Harald Metzkes: Der Abflug 1989
Für die nächste Unterrichtsstunde überlegen die Kinder, was für ein Bild sie selbst mit ihrem Gegenstand malen würden und realisieren dies in der Schule. Der Gegenstand selbst wird dabei in das gemalte Bild montiert. Er ist so gleichzeitig Teil der Wirklichkeit und Teil des Bildes, Erinnerungsstück an den Museumsbesuch und an das dort gefundene Bild sowie Verbindung von diesem Künstlerbild zum eigenen Bild.
Uwe Pfeifer: Abgerissener Drache 1976
Drachenschwanzfältel
(leider nicht gut zu erkennen)
Patrick: Mülleimer mit Zeitung
Lisa: Eisbecher mit Schirmchen
Mories: Schwarzes Bein mit Gipsverband
Zwei kopflose Militärgestalten, blechbüchsenarmeegleich, patroullieren pfeifend und trommelnd wie ein Spielmannszug zwischen einer Mauer und einem Drahtzaun. Gleichzeitig zielt eine von ihnen mit dem Gewehr auf eine Pappfigur hinter dem Zaun. Der Pappkamerad trägt schwarz-rot-goldenes Sakko nebst Schlips, grinst breit und selbstbewusst. Sein Auge ist der Mittelpunkt einer Zielscheibe. Grinsen und Kopfform wiederholen sich in dem zähnefletschenden Hund, der die Hüter der Mauer begleitet. Soll man sich fragen, wer wohl zuletzt lacht?
Man sieht in Rückenansicht eine Gruppe Menschen, die in dichter Reihe durch einen unnatürlich sauberen U-Bahn-Gang zur Bahn oder zum Ausgang geht. Kunstlicht betont neongrüne und violette Farbtöne. Aus dem Mülleimer im Vordergrund schaut die zerknüllte, ausgelesene Morgenzeitung heraus.
Aus einer düsteren Häuserschlucht entschweben viele Menschen, wie Mary Poppins an Regenschirmen hängend, in einen stürmischen Himmel.
Vor einer industriezerstörten Landschaft in vergiftetem Gelbbraun hängt in einem toten Baum verfangen ein abgestürzter Drache. Kopfüber sein Gesicht, doch unbeirrt ebenso dümmlich wie unheilvoll grinsend, der Schwanz mit den gefalteten Papierstreifen im Geäst verwirrt.
Vorsichtshalber habe ich sogar die Abbildung des Flyers gelöscht...
Da die Bilder im Internet nicht zu finden sind, beschreibe ich sie, damit man den Zusammenhang zwischen Bild und Gegenstand erkennen kann.