Diesen Versuch, eine ästhetische Forschung zum Thema „Mein Kuscheltier" anzubahnen, unternahm ich mit meiner 1. Klasse bald nach der Einschulung. Verschiedene Aufgaben sollten den Kindern Möglichkeiten bildnerischer, sammlerischer, dokumentarischer, künstlerisch-transformatorischer Auseinandersetzung mit dem eigenen Kuschel- oder Spieltier und dessen „echtem" Vorbild aufzeigen. Begleitend stand das ultimative Ziel vor Augen, dass die Kinder eigene bildnerische Ideen entwerfen (siehe Link am Seitenende). Hierfür sollten die gemeinsamen Aufgabenstellungen Erfahrungsgrundlage und Anregung sein. Im weiteren Verlauf wurden dies durch die Beschäftigung mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen zum Thema Tier weiter angereichert.

Jedes Kind hatte 3 Kuscheltiere oder Spieltiere mitgebracht. Nach stillen Zwiegesprächen mit ihren Tieren entschieden sich die Kinder für das Tier, mit dem sie sich im kommenden Halbjahr bis Ganzjahr intensiv beschäftigen wollten. Sie stellten es der Klasse vor und nannten ihre Auswahlgründe.

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Versuch einer ästhetisch-künstlerischen Forschung zum Thema "Mein Kuscheltier"

So ging es weiter: "Überlege dir eine typische Haltung. das heißt, wie du dein Tier halten kannst, so dass es zu dir und zu deinem Tier passt."

Das "flexible" Spieltier auf dem unteren Bild ist der Drache, der in der rechten unteren Ecke auf dem oberen Bild zu sehen ist.

"Knete dein Kuscheltier möglichst ähnlich nach. Achte auch genau auf die Farben."
Im ersten Ansatz entstanden vielfach flächige und sehr einfache Gebilde. In der Überarbeitung wurde verstärkt auf Körperhaftigkeit, Genauigkeit und Details geachtet.

1. und 2. Versuch

1. Versuch

2. Versuch

Beim Hasen wäre noch ein 3. Versuch gut gewesen, der die Vorzüge des 1. und des 2. Versuchs vereint.

Bei der Kuh waren offensichtlich die gelben Hörner das Wichtigste, was auch der Auswahlbegründung des Kindes entsprach.

Kindersachbücher zum eigenen Tier wurden in der Schulbibliothek zusammengetragen und gesichtet. Ein Bild, auf dem das Tier ganz zu sehen ist, wurde ausgewählt und zweimal kopiert. Eine Kopie wurde in den Naturfarben des Tiers mit Ölpastellkreide koloriert. Die zweite Kopie wurde in den Farben des Kuscheltiers übermalt, wobei gleichzeitig die Formen und Proportionen des Vorbildtiers zu denen des Kuscheltiers verändert werden sollten. Dies war für die Kinder besonders schwierig, verlangte es doch, sich über die formalen Gegebenheiten des kopierten Bildes hinwegzusetzen und sie zu verändern. Hier war intensive Betrachtung und bewusster Vergleich von Tier und Kuscheltier gefragt.

Eine kontrastfarbene Umrandung hätte die veränderten Formen manches Spieltiers – wie des rosa "Ponys" links und des "Hundes" unten rechts – noch deutlicher werden lassen. Ein entsprechender Tipp wurde jedoch nicht immer aufgegriffen.

Hier finden sich mehrere Ansätze, den Hund in das Kuscheltier zu verwandeln, in einer Zeichnung gleichzeitig.

Die Bewegungen des Tiers wurden am eigenen Leib erprobt und anschließend bildnerisch umgesetzt.

Im Abklatschdruck (Décalcomanie) entstanden Serien vom deutlichen bis zum schemenhaften Bild des Kuscheltiers. Es wurde mit Acrylfarben und dicken Pinseln – ein Pinsel für jede Farbe – auf einer Glasplatte gemalt, unter die zur Verdeutlichung der Bildgröße ein Blatt in DIN A5 gelegt war. Über Hoch- oder Querformat entschieden die Kinder passend zu ihren Tieren. Damit die Farbe sich beim Abklatschen gut auf den weißen Karton abdrückt, muss schnell gemalt werden. Dabei gelang es den Kindern bemerkenswert gut, das Wesentliche ihres Spieltiers zu treffen.

Hund

Schlange

Esel

Frosch

Hund

Katze

Kuh

Papagei

Bildersammlungen zum Thema – heute auch als "Mapping" geadelt – sind Bestandteil ästhetischer Forschungen. So waren die Kinder aufgefordert, einige Wochen lang alle möglichen Tierabbildungen und -objekte zu sammeln, die ihnen in die Quere kamen. Auch die Eltern wurden hierzu um Unterstützung gebeten. Eine beeindruckende, vielfältige Sammlung kam so zustande. Alles Gesammelte stand für alle Kinder zur Verfügung. Jeder durfte sich für die Sammlung zu seinem eigenen Tier daraus bedienen.

Hase

Hier als Beispiel nur eine kleine Zusammenstellung von Gebrauchsgegenständen in Tierform.

Die Sammlungen von Bildern und Objekten zum jeweiligen Tier wurden an Stelen präsentiert, die aus kombinierten und grüngestrichenen Verpackungsstyroporteilen bestanden.

Geplant war noch das Umsetzen des Tiergeräuschs in eine Plastik aus Materialien wie Laubsägeabfällen, Schmirgelpapierresten, Laminatunterlage, Lederresten etc. „Wenn das Geräusch deines Tiers eine Form hätte – wie würde sie aussehen? Welches Material entspricht dem Geräusch?" (Hier der Bericht dazu.)

Die schwierigste Aufgabe steht noch aus: Wie kann es gelingen, die oben angesprochenen ganz eigenen Ideen der Kinder hervorzulocken? Ist es überhaupt sinnvoll, zuerst verschiedene Zugänge anzubieten, oder ist das Thema danach schon „ausgelutscht"? Aber „Macht mal einfach, was euch einfällt" scheint mir auch nicht recht erfolgversprechend zu sein. Genügt es, die Kinder zu ermutigen, eigene Ideen, die ihnen während der Unterrichtsreihe in den Sinn kommen, zu äußern? Wohl kaum, denn geäußert wurde bisher von allein nichts. Voraussichtlich werde ich den Kindern vorschlagen, die Gründe, die sie für die Auswahl ihres Kuscheltiers genannt hatten, als Ausgangspunkt zum Entwickeln einer Bildidee zu nutzen. Ideenfördernd soll sich auch die noch geplante Beschäftigung mit Arbeiten aus der Großen Kunstausstellung München unter dem Motto „tierisch" im Haus der Kunst 2011 auswirken. Auch unser Besuch in der Ausstellung "Los Carpinteros" im Kunstverein Hannover hatte das Ziel, durch künstlerische Denk- und Arbeitsweisen angeregt zu werden. Augenblicklich machen wir jedoch eine Pause im Tierthema, weil sich andere Dinge dazwischengedrängt haben. Vielleicht erweist sich diese Pause als eine sprichwörtlich schöpferische. Fortsetzung folgt dann hoffentlich.

© Unterrichtsidee: Nicola Rother 2012/13

Weiter zur Fortsetzung: "Haben Tiergeräusche eine Form? – Akustik in Haptik und Optik übersetzen"

Weiter zum Ziel: "Die eigene Idee zum eigenen Kuscheltier"